Entwarnung beim Erdgasangebot
Für etwas Entspannung sorgte gegen Ende letzter Woche die Nachricht, dass laut Betreiberfirma Chevron die Wiederinbetriebnahme der australischen LNG-Anlage Wheatstone im Gange sei. In der vergangenen Woche hatte Chevron die Produktion der Anlage zu Reparaturzwecken gestoppt.
Darüber hinaus wurde zwar laut LSEG von Donnerstag auf Freitag eine ungeplante Wartung am norwegischen Dvalin-Gasfeld angekündigt, welche die Lieferungen um 3 Mio. Kubikmeter/Tag senkte. Zudem wurde der Ausfall des Visund Gasfeldes bis zum 25. Juni verlängert, was die Lieferungen des Landes um weitere 15 Mio. Kubikmeter/Tag einschränkt. Dennoch blieb der Gasfluss nahe dem Rekordniveau. Jenseits dessen setzte sich am Markt trotz Fehlens eindeutiger Belege die Ansicht durch, dass am 20. Juni der „Zahltag“ für Gazprom-Lieferungen an die österreichische OMV eingehalten wurde. Dazu passte die Nachricht, dass sich die EU-Staaten letzten Donnerstag auf ein neues Sanktionspaket gegen Russland verständigten.
Mit den geplanten Strafmaßnahmen soll insbesondere gegen die Umgehung von bereits bestehenden Sanktionen vorgegangen werden. Zudem ist vorgesehen, erstmals scharfe Sanktionen gegen Russlands LNG-Industrie zu verhängen. Nach Angaben von Diplomaten soll verboten werden, dass EU-Häfen zur Verschiffung von russischem LNG in Drittstaaten genutzt werden. Die Kohlepreise wiederum standen aufgrund eines wachsenden Angebots bei gleichzeitig schwacher saisonaler Nachfrage unter Druck. Nachdem der Kohleexporthafen in Baltimore letzte Woche seine Aktivitäten wieder aufgenommen hat, sei zwar in diesem Monat ein leichter Anstieg der nordwesteuropäischen Kraftwerkskohleimporte zu erwarten. Laut Schätzungen von DBX werden sich die thermischen Kohleimporte in Nordwesteuropa im Juni gegenüber dem Vormonat um etwa ein Viertel auf 1,9 Mio. t erhöhen. Laut einem Kohleanalysten verzögerten aber selbst marokkanische Käufer die Ankunft von Lieferungen, was die schwache Nachfrage untermauerte.
Somit bleibt „nur“ der asiatische Raum ein starker Nachfrager.
Notenbanken als Retter in der Not?
Bliebt die Hoffnung, dass die Notenbanken, wie schon so oft in den letzten Jahrzehnten, die mangelnde Entschlossenheit der Regierungen mit Leitzinssenkungen auffängt. Tatsächlich hat sich die eine oder die andere Notenbank bereits zu einer Reduktion hinreißen lassen, zuletzt die SNB. Das Gros der Währungshüter hat mit „echten“ Lockerungen jedoch noch nicht begonnen. Wenn dies – wohl in einigen Monaten – der Fall sein sollte, werden spürbare Auswirkungen auf die Rohstoffmärkte erkennbar sein, denn historisch gesehen ging ein Rückgang der US-Realzinsen mit einem Anstieg der Rohstoffpreise einher. Zurzeit kann die US-Notenbank Fed – und auf die kommt es in erster Linie an – jedoch angesichts der noch zu hohen Inflation nur einen vorsichtigen Ansatz beibehalten.
Die fehlende expansive Ausrichtung in der US-Geldpolitik sorgt wiederum für einen starken US-Dollar, was ebenfalls Gegenwind für die Rohstoffmärkte bedeutet. Da aus weltwirtschaftlicher Sicht also alles beim Alten bleibt, die politischen Risiken aber zugenommen haben, haben sich die Vorzeichen für die fossilen Energieträger von der Grundtendenz her sogar eingetrübt.
Dies gilt auch und ganz besonders für die EUAs, die am Donnertag die Zuteilung kostenloser CO2-Zertifikate vor der Brust haben. Nur Rohöl Brent dürfte diese Woche trotz schwachen fundamentalen Umfeldes robust performen. Zwar haben die Spekulanten ihre Netto-Long-Position per 18. Juni ggü. der Vorwoche auf 140 Tsd. Kontrakte fast verdoppelt. Deren Niveau ist damit aber immer noch vergleichsweise niedrig.